Nordkirche schließt X Account
Nach 12 Jahren verabschiedet sich die Nordkirche von X. Oliver Quellmalz, Head of Social Media, über die Hintergründe der Entscheidung, die Reaktionen und wie seine Planung aussieht.
Beitrag lesenNach 12 Jahren verabschiedet sich die Nordkirche von X. Oliver Quellmalz, Head of Social Media, über die Hintergründe der Entscheidung, die Reaktionen und wie seine Planung aussieht.
Ganze 12 Jahre besteht der Twitter-Account der Nordkirche. In dieser Zeit sind viel Energie und Herzblut in die Gestaltung des Profils und ins Miteinander der Community geflossen. Dabei war Twitter ein offener Raum für Debatten, Austausch und gesellschaftlichen Diskurs. Echtzeit-Kommunikation und die (Zeichen-)Begrenzung aufs Wesentliche haben das Netzwerk ausgemacht. So manche Menschen hätten sich ohne Twitter wohl niemals kennen (und lieben) gelernt.
Dieser Ort des respektvollen Miteinanders hat sich seit der Übernahme von Elon Musk grundlegend verändert. Nicht nur technische Gegebenheiten haben sich massiv verschlechtert. Der neue Inhaber fördert Hass, applaudiert bei Rassismus und Ausgrenzung. Er hat das Netzwerk okkupiert und daraus ein Sprachrohr seiner politischen Agenda geformt. Die Entwicklungen zur US-Wahl haben für uns einen Schlusspunkt gesetzt.
Dieser Umstand ist aber nur ein Grund. Wir wissen, dass unsere Ressourcen endlich sind. In den letzten Jahren entstanden immer mehr soziale Netzwerke, die digitale Welt hat sich verändert und weiterentwickelt.
Wenn wir uns an den Nutzer*innenzahlen der Plattformen und am Medienverhalten orientieren, dann sollten wir verstärkt auf die großen Plattformen schauen. Kleine Netzwerke, zu denen in Deutschland auch X gehört, sind wichtig und können auch erfolgreich bespielt werden, doch bieten große Plattformen mehr Möglichkeiten ein breiteres Publikum mit geringerem Mitteleinsatz zu erreichen.
Mit Blick auf unsere Zielgruppen - insbesondere unsere Mitglieder - ist uns klar geworden, dass das Verhältnis von Ressourceneinsatz und Output für die Nordkirche nicht mehr geben ist und wir Prioritäten verschieben müssen. Wir wollen stärker zielgerichtet in andere Netzwerke investieren.
Uns ist es schwer gefallen eine lebendige Community (und für kirchliche Verhältnisse ziemlich viele Follower*innen) zu verlassen. Wir denken aber, dass dies langfristig die beste Entscheidung ist.
Da war alles dabei! Wir freuen uns über sehr viele wertschätzende Rückmeldungen. Die Community weiß welche Kraft unser Social-Media-Team in das Netzwerk investiert hat. Wir sind dankbar für die positiven Rückmeldungen. Aber auch Unverständnis und Frust unserer Follower*innen ist Teil des Feedbacks.
Ich kann viele der kritischen Anmerkungen von Herzen nachvollziehen. Für viele Nutzer:innen entsteht immer mehr das Gefühl, dass sie alleingelassen werden. Das der Ort, an dem sie sich tagtäglich austauschen, der zu ihrem Leben gehört, nichts mehr wert ist. Und gern wären wir weiterhin Teil davon geblieben, allerdings nicht um jeden Preis.
Hinter Institutions-Accounts stehen Menschen, die sich tagtäglich mit den Plattformen beschäftigen, moderieren, blockieren, Schaden abwenden. Vor diesem Hintergrund ist der aktuelle Zustand von X nicht mehr tragbar.
Seit dem Verkauf von Twitter war das Motto: Lasst uns das erst einmal beobachten. Ich bin kein Freund von Kurzschlussentscheidungen und habe anfangs kritisch auf die Accounts geschaut, die Twitter sofort in Richtung Mastodon und Bluesky verlassen hat. Ein bisschen hoffte ich vielleicht auch, dass es sich Elon Musk mit Twitter noch einmal anders überlegt.
Als Kirche sollten wir dort sein, wo Minderheiten gefährdet sind, Hass verbreitet wird. Wir sollten für die einstehen, die Schutz suchen und einen Safe-Space brauchen. Dazu kommt eine starke Community, die uns um den Verbleib bei Twitter gebeten hat. Also haben wir die Regenbogenflagge gehisst und weitergemacht!
Wir wollen zunächst unsere bestehenden Accounts bei Facebook, Instagram und YouTube stärker in den Blick nehmen. Diese verdienen mehr liebevolle Beachtung und rufen an der ein oder anderen Stellen nach frischer Farbe. Was wir Neues in den Blick nehmen, konzipieren wir und richtet sich nach unseren Zielgruppen und unserer Strategie. Wovon ich nicht überzeugt bin: Einen Ersatz für X finden zu müssen. Jede Plattform hat ihren eigenen Spirit und ihre eigene Daseinsberechtigung.