Liebe geht raus!
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Beitrag lesenMehr als 3.200 Menschen abonnieren den „yeet-Podcast“ von Lilith Becker und Claudius Grigat nach ihrem ersten Jahr. Ein Gespräch über zielgenaue Planung, die richtigen Erwartungen – und worauf es bei der Technik wirklich ankommt.
Er kommt gerade aus der Aufnahme der neuesten Folge und fühle sich „beseelt“, sagt Claudius Grigat. Weil es beim Podcasten eben keine starren Interviews gebe, wie er sie als gelernter Radiojournalist von früher kennt – sondern echte Gespräche. Seine Kollegin Lilith Becker arbeitet heute von zu Hause aus, sie sitzt im grauen Kapuzenpulli am Schreibtisch und trinkt Tee aus einer riesigen Tasse. Gemeinsam moderieren die beiden jeweils im Wechsel den „yeet Podcast“ und haben es in ihrem ersten Podcast-Jahr auf 20 Folgen gebracht. Jetzt sprechen sie mit uns darüber, was sie dabei gelernt haben.
Lilith: Es gab eben noch kein Format zu Glaube, Kirche und Social Media. Und wir haben uns ja mit unserer Arbeit für yeet als Expert:innen auf diesem Themengebiet etabliert. Denn mit dem evangelischen Contentnetzwerk vernetzen und unterstützen wir Menschen, die auf sozialen Medien über ihren Glauben sprechen.
Claudius: Außerdem gab es Kritik, dass wir als Netzwerk zu exklusiv seien und nur jene unterstützten, die bei uns Content kreieren. Unser Ansatz ist aber, dass Vernetzen auch das Weitergeben von Wissen bedeutet. Was also liegt näher, als Leute vors Mikro zu holen, von denen wir etwas über Social Media gelernt haben – und deren Erfahrungen für alle zugänglich zu machen?
Lilith: Vor der Aufnahme der allerersten Folge haben wir uns zwei bis drei Monate lang genau überlegt, wer unsere Zielgruppe sein soll. Am Ende haben wir zwei Personas entwickelt – also klar beschriebene Personen, die mit ihren Bedürfnissen stellvertretend für eine ganze Gruppe stehen.
Claudius: Da ist zunächst einmal eine Frau, Ü50, die Öffentlichkeitsarbeit für eine Gemeinde macht. Sie will die Gläubigen gerne mehr über Soziale Medien erreichen und braucht dafür konkrete Tipps und das nötige Rüstzeug.
Lilith: Der andere Teil der Zielgruppe ist ein Mann, knapp über 30, der digital affiner ist und sein bestehendes Wissen ergänzen möchte.
Lilith: Sie entsprechen den Menschen, die uns immer wieder angeschrieben und um unser Social Media-Wissen gebeten haben. Übrigens ist es ganz wichtig, dass die Zielgruppe gerade am Anfang eher klein und spitz sein ist, um inhaltlich einen klaren Fokus zu haben.
Claudius: Die ideale Länge: 45 Minuten braucht es, um die Tiefe der Themen zu erzeugen, die wir gerne hätten. Dann der 14-tägige Erscheinungsrhythmus: Jede Woche 45 Minuten wäre zu viel gewesen fürs Publikum und auch für uns als Produzenten. Außerdem ging es noch um das Logo, die Anmutung, die Verbreitungswege – und ganz allgemein darum, was wir als Antwort auf die Zielgruppenbedürfnisse leisten können. Denn theoretisch könnte eine einzelne Person mit einer 50 Prozent-Stelle komplett alleine nur an diesem Podcast arbeiten. So machen wir es mit zwei Leuten im Wechsel und parallel zu unseren vielen anderen Projekten.
Lilith: Dass wir jedes Mal einen Gast haben. Außerdem gibt es Fragen, die wir immer stellen:
Was verbinden Sie mit dem Hashtag #digitalekirche? Wenn Sie sich eine Bühne aussuchen könnten und ein Publikum und einen Inhalt, worüber würden Sie über was sprechen?
Claudius: Und wir haben als Rausschmeißer immer die Rubrik „Folgehype“: Das ist ein Einspieler, wo jemand aus der Social Media-Welt einen Kanal empfiehlt, dem man unbedingt folgen sollte.
Lilith: Nein. Der Podcast hat nicht die Priorität, viel Reichweite zu bekommen. Sonst müsste man ja auch jeden Gottesdienst einstellen, zu dem nur 50 Leute kommen. Es geht uns eher darum, das Medium mal auszuprobieren Denn wir sind mit yeet ja auch wie eine Fortbildungseinheit und versuchen, unsere Mitglieder zu professionalisieren. So können wir zeigen, dass wir uns weiter schlau machen. Wir lernen also selbst aus dem Podcast und verwerten unsere Erfahrungen auch auf unserem Instagramkanal.
Claudius: Klar ist aber auch: Wenn wir nach so vielen Folgen nur 200 Hörer:innen hätten, sollten wir vielleicht besser aufhören.
Claudius: Da muss ich selbst mal kurz nachschauen... Also, am Ende unseres ersten Jahres hatten wir 5.000 Abrufe insgesamt. Und über 3.200 Abonnent:innen. Damit gehören wir zu den oberen 50 Prozent aller deutschen Podcasts. Und manchmal bekommen wir auch Nachrichten von Leuten, die uns hören – und sich als Fans bezeichnen. Das ist schön.
Lilith: Im Vergleich zu Instagram, Facebook oder Youtube bekommt man beim Podcast viel weniger von der Community mit. Es gibt keine Kommentare und relativ wenig Feedback pro Folge. Man muss sich vorher klar machen, dass man mehr sendet und weniger Interaktion hat.
Claudius: Und genau deshalb ist auch die Verbreitung kein Selbstläufer. Man sollte sich also nicht nur für die Produktion Zeit nehmen, sondern von Anfang an das Marketing mitdenken: Wie kann ich die Folgen in meinen Newsletter einbauen und Teile davon auf Facebook oder Linkedin verbreiten? Das Publikum muss immer wieder über verschiedene digitale Wege auf den Podcast hingewiesen werden. Denn über Spotify und Apple selbst lässt sich kaum Reichweite erzielen.
Claudius: Instagram. Nach jedem Post steigen die Abrufzahlen der jeweiligen Folge sprunghaft an. Wir bauen dort thematische Teaser mit Zitaten oder Sketchnotes. Das sind zentrale Aussagen aus dem Podcast, die unsere Grafikerin in Cartoons überträgt.
Lilith: Erst einmal wählen wir das Thema, manchmal auch zuerst den Gast. Dann geht es an die Anfrage und die Recherche, um sich konkrete Fragen zu überlegen. So entsteht eine Dramaturgie, die aber nicht starr sein darf – sondern je nach Entwicklung des Gesprächs flexibel ist.
Claudius: Ich gehe meistens mit rund 20 Fragen rein. Nach dem Gespräch geht es an den Feinschnitt, die Produktion – also das Einbauen von Intro, Outro und der Rubrik. Dann muss man die Folge natürlich noch hochladen und veröffentlichen. Und Folgenotizen, also sogenannte Shownotes, schreiben und die Zitate raussuchen für Instagram. Unterm Strich dauert das alles einen kompletten Arbeitstag pro Folge.
Claudius: Wir haben in der Redaktion ein professionelles Studio, für das Aufzeichnen nutzen wir die Software Squadcast – denn unsere Gesprächspartner sind meist ganz woanders als wir.
Lilith: Unserer Erfahrung nach ist ein teures Mikrofon aber gar nicht so wichtig, entscheidend ist der Raum. Man könnte auch ins Handy sprechen, wenn man dabei in einem Kleiderschrank steht, der mit Decken ausgestopft ist. So vermeidet man Hall und die Stimme klingt warm und „trocken“. Auf den Ohren habe ich übrigens Kopfhörer mit Kabel, damit es im Schnitt keine Klangverzögerung gibt.
Claudius: Wir schneiden mit dem Profiprogramm Easytrack, ganz einfach weil wir als Journalisten darauf ausgebildet wurden. Für Privatpersonen reicht aber die kostenlose Software Audacity. Zum Schluss ist es wichtig, einen Hoster auswählen, der das Verteilen der jeweiligen Folgen übernimmt. Wir nutzen Podigee, die in Berlin sitzen und nach der deutschen DSGVO arbeiten. Jede Folge wird automatisch auf Spotify, Apple Podcast, Deezer und Amazon Music verteilt. Und wir können unsere Inhalte zeitversetzt veröffentlichen, außerdem bieten manche Hoster auch einen automatischen Youtube-Upload an. Und man erfährt, wie viele Leute einen wie oft und wann hören.
Lilith: Die Technik ist das eine, entscheidend ist aber die inhaltliche Planung. Fragt euch: Was mache ich da eigentlich? Und für wen? So gehen einem dann auch nicht die Themen aus.
Claudius: Und bereitet euch bestmöglich für das Interview vor. Wenn Leute rumlabern und nicht vorbereitet sind, ist das die Höchststrafe für euer Gegenüber.
Danke für das Gespräch!